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Sobald man über den Vertrieb von HVO-Kraftstoffen spricht, kommt man um die Thematisierung der Tankstellen-Infrastruktur natürlich nicht drumrum. Deshalb hat sich eFUEL-TODAY mit, Benjamin Kraatz, Leiter Marketing und Kommunikation bei der Sprint Tank GmbH, ausgiebig über die die Vertriebsperspektive Tankstelle unterhalten.

eFUEL-TODAY: Welche Hindernisse sehen Sie bei der Einführung von HVO in den deutschen Markt?

Kraatz: Zunächst mal politische Hürden. Nachdem im März ein Entschließungsantrag der Regierungsfraktionen eingereicht wurde, der die Anpassung der 10. BimSchV zugunsten einer Freigabe für HVO bewirken soll, muss dies nun vom BUMV, dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz, umgesetzt werden. Auch wenn diese Aufforderung mit dem Verweis „zeitnah“ versehen wurde, wird die tatsächliche Umsetzung trotzdem erst für 2024 erwartet. Bis dahin darf HVO aufgrund seiner geringeren Dichte weiterhin nicht in Reinform an öffentlichen Tankstellen vertankt werden. Diese Gesetzeslage für die definierte Dichte von Diesel-Kraftstoffen gilt übrigens nur für Deutschland – und sonst in keinem anderen EU-Land. Der Unterschied beträgt übrigens gerade mal 20g. Ein Liter HVO wiegt ca. 800 Gramm, ein Liter Diesel nach DIN EN 590 muss aber mindestens 820 Gramm wiegen. Zumindest noch…

Die weiteren Hürden sind eher technisch bzw. kapazitär. Die meisten Tanks der Tankstellen sind bereits belegt mit Kraftstoffen. Um HVO in Reinforn flächendeckend in den Handel zu bringen, müssten also Tanks für das Produkt freigemacht werden. Das ist in der Praxis oft eine große Herausforderung, weil meist mehrere Säulen gleichzeitig von einem Tank versorgt werden. Man also gegebenenfalls ein anderes Produkt dafür aus dem Angebot nehmen. Das muss natürlich wirtschaftlich geprüft werden. Eine Alternative wäre die Beimischung zum B7 Diesel, wie wir es heute zum Beispiel schon bei unserem Diesel protect25 machen – nur eben mit deutlich mehr Beimischung in Zukunft. Wir werden vermutlich beide Angebote in Zukunft sehen, je nach Verfügbarkeit und Nachfrage.

Die Einführung von HVO-Kraftstoffen ist an den meisten Tankstellen mit dem Ersetzen einer bestehenden Kraftstoff-Sorte verbunden, sofern keine neuen Versorgungstanks gebaut werden und daher wirtschaftlich zu prüfen © Sprint Tank GmbH

Welche Erfahrungen kann man aus dem EU-Ausland, wo HVO als Reinkraftstoff bereits an den Tankstellen erhältlich ist, mitnehmen?

Nur positive Erfahrungen. In vielen europäischen Ländern ist HVO100 schon seit Jahren zugelassen. Darunter Belgien, Dänemark, Finnland, Estland, Litauen, Niederlande, Norwegen und Schweden. Es sind keine Probleme beim Langzeitbetrieb bekannt. So leistet HVO in diesen Ländern schon seit Jahren einen enormen Beitrag zur CO2-Reduktion in der Bestandsflotte.

Welche Rolle werden HVO Beimengungen bzw. Blends am Markt spielen? 

Vermutlich eine große Rolle. Aufgrund der derzeit noch knappen Verfügbarkeit von E-Fuels, wird HVO recht schnell einen Markthochlauf erleben. Die technischen Eigenschaften sind sogar noch besser, als jene von fossilem Diesel. Zum Beispiel ist hier die bessere Kältebeständigkeit zu nennen. Die Laufruhe des Motors wird verbessert. Sogar der Verbrauch kann damit leicht gesenkt werden.  Durch das Volumen und den zunehmenden Wettbewerb wird der Preis sich sicher auch schnell in Richtung der klassischen Kraftstoffe bewegen, sich zumindest annähern. Somit werden natürlich zunächst Flottenbetreiber und umweltbewusste Aufofahrer*innen zum HVO greifen aber auch die Fahrzeugliebhaber, die die technischen Premium-Eigenschaften schätzen. Da die deutschen Tankkunden besonders preissensitiv sind, ist der große Durchbruch zu erwarten, sobald HVO sich preislich auf Augenhöhe mit dem fossilen B7 bewegt.

Gibt es bereits Erfahrungen im Umgang / dem Vertrieb von Blends? 

Wir sind bereits Anfang 2020 mit unserem Sprint DIESEL protect25 an den Start gegangen. Wir wollten damit ein Zeichen für Politik und Verbraucher setzen, besonders hier im politischen Zentrum, in Berlin. Wir wollten zeigen, was heute schon möglich ist – im Rahmen der DIN EN 15940 bzw. des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG). Gerade nach dem Diesel-Skandal war es uns wichtig zu zeigen, dass man mit dieser hocheffizienten Motoren-Technologie auch aktiv zum Umweltschutz beitragen kann. Gerne hätten wir auch HVO100 in den Handel gebracht, aufgrund der genannten DIN-Limitierung war dies aber leider nicht an unseren öffentlichen Straßentankstellen möglich. Dennoch sind wir stolz, dass wir mit zu den ersten Gesellschaften zählen, die diesen mutigen Weg gegangen sind und schon seit Jahren dazu beitragen den CO2-Ausstoß von Diesel-Fahrzeugen zu senken und somit die Bestandsflotte zu dekarbonisieren. 

Mit dem Sprint DIESEL protect25 hat die Tankstellen-Gesellschaft bereits ein HVO-Produkt auf den Markt gebracht, das bereits an 7 Standorten verfügbar ist © Sprint Tank GmbH

Aktuell haben wir bereits 7 Standorte im Netz, die das Produkt anbieten. Aufgrund der limitierten Tankkapazitäten konnten wir immer nur sukzessive neue Standorte hinzunehmen. Die neue Gesetzeslage wird das Thema aber enorm beschleunigen, in der gesamten Branche. So können künftig viele Varianten – von Beimischungen bis zu separaten Säulen – dazu beitragen das Produkt national im großen Stil verfügbar zu machen.

Das Produkt kam vom ersten Tag an sowohl bei unseren Partnerinnen und Partnern als auch bei unseren Kundinnen und Kunden sehr gut an. Interessant war dabei die unterschiedliche Motivation das Produkt zu tanken. Wir haben dafür in der Anfangsphase eine Kundenbefragung durchgeführt, an der 171 Personen teilgenommen haben. 

Erste Erkenntnis war, dass trotz enormer Bemühungen bei der Produktkennzeichnung, an mehr als 10 verschiedenen Touchpoints, ein gutes Drittel der Befragten angegeben hat, das Produkt unbewusst getankt zu haben. Wir hatten dafür zwei der vorhandenen B7-Zapfpunkte ersetzt, was vermutlich dazu geführt hat. Deshalb empfehlen wir eine sehr prominente Kennzeichnung oder nach Möglichkeit sogar eine eigene Säule dafür anzubieten.

Bei den Kundinnen und Kunden, die das Produkt bewusst getankt haben, teilte sich das Feld in gut 64% derer, die den Umweltschutz und die Co2-Einsparung an Kaufgrund angegeben haben aber immerhin auch noch 36%, die die technischen Vorteile wie Laufruhe, Kältebeständigkeit etc. angegeben haben. Dies sollte man für Marketing und Kommunikation in Richtung der Verbraucherinnen und Verbraucher also auch nicht vernachlässigen. Wir haben von Anfang an beide Attribute kommuniziert: „Gut für den Motor, besser für die Umwelt“ – lautet unser Slogan für das Produkt.

Wir beziehen unser HVO von verschiedenen Lieferanten, unter anderem von Neste. Diesel protect25 wird von unserer Muttergesellschaft, der BMV (Berliner Mineralöl Versorgungsgesellschaft mbH), geblendet und vertrieben. So setzen zum Beispiel auch die BK Benzin-Kontor aus München und die ELO aus Erlangen auf unseren Diesel protect25.


Bilder © Sprint Tank GmbH

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