In kaum einem Bereich des alltäglichen Lebens werden die Handlungsmöglichkeiten gegen den Klimawandel so intensiv debattiert, wie in der Mobilität. Das letzte Jahrzehnt war dabei von einer starken Tendenz des politischen Umfelds hin zur reinen Elektromobilität gekennzeichnet. Klimaschonende Alternativen fanden im öffentlichen Diskurs dabei kaum einen Platz. Mit fortschreitender Zeit wird jedoch immer deutlicher, dass die Elektromobilität nicht die alleinige Lösung sein wird, da auch diese Technologie erhebliche Herausforderungen mit sich bringt.
Eine hitzige Debatte über eigentlich kühle Fakten
Das Resultat ist eine zunehmende Offenheit auch gegenüber möglicher Alternativen. Hierbei sind E-Fuels die wohl beste Möglichkeit, um auch mit der Bestandsflotte kurz- und mittelfristig einen Beitrag zum Klimaschutz leisten zu können.
Doch sobald öffentlich über E-Fuels gesprochen wird, ist die Debatte um den Wirkungsgrad und die Effizienz dieser Technologie nicht weit entfernt. Wir möchten hier sensibilisieren, wann diese Debatte angebracht ist und vor dem Hintergrund welcher Grundannahmen diese sachlich und ergebnisorientiert geführt werden kann. Ein Exkurs in einen schlussendlich doch nicht so einfachen Sachverhalt, wie es die recht eindimensionalen politischen Maßnahmen zur Förderung von E-Mobilität vermuten lassen.
Warum der Wirkungsgrad nur die halbe Wahrheit ist
Zuerst muss dabei angemerkt werden, dass die kategorische Verurteilung von E-Fuels aufgrund eines vermeintlich schlechteren Wirkungsgrades im Vergleich zu batterieelektrischen Fahrzeugen (BEV) vom Grundsatz her dort scheitert, wo es rein technisch keine klimafreundlichen Alternativen zu E-Fuels gibt. Dies ist beispielsweise in der Luft- und Schifffahrtsbranche der Fall. Experten sind sich einig, dass diese Branchen aufgrund physikalischer Grenzen nicht vollständig elektrifiziert werden können. Um uns hier klimafreundlich weiterhin auch diesen notwendigen Formen der Mobilität bedienen zu können, müssen wir auf klimaneutral erzeugte E-Fuels setzen, denn fossil kommen wir mit dem Flugzeug oder dem Schiff nicht an das ambitionierte (Klima-)Ziel der EU, Fit for 55 hin oder her.

Der Wirkungsgrad in der Herstellung von E-Fuels ist ein häufig angeführtes Argument im direkten Vergleich zur E-Mobilität. Aber ist der Wirkungsgrad überhaupt das richtige Kriterium?
Bei anderen Formen der Mobilität in denen ein Vergleich durchaus denkbar ist, wie etwa der Individualmobilität mit dem PKW, muss jedoch genau darauf geachtet werden, dass hier nicht Äpfel mit Birnen verglichen werden. Es kommt also auf eine genaue und umfassende Betrachtung und der Methode zur Bestimmung des Wirkungsgrades an, um wirklich aussagekräftige Vergleiche ziehen zu können.
Dazu darf sich bei einer holistischen Betrachtung nicht rein auf die zugrunde gelegte Antriebstechnologie und den jeweilig verwendeten Energieträger beschränkt werden. Auch sollte sich die Frage gestellt werden, welcher Energieträger in welcher Menge lokal zur Verfügung gestellt werden kann wo er auch gebraucht wird.
Viele Länder – so wie auch Deutschland – sind bei der Betrachtung des Primärenergieverbrauches eindeutig als Energieimporteure zu identifizieren und werden dies auf Sicht auch bleiben. Es muss also bei allen Überlegungen zu Alternativen in der Mobilität mit unterschiedlichen zugrunde gelegten Energieträgern auch sichergestellt werden, dass die Energie überhaupt in der gewünschten Form und ausreichender Menge am Ort des Verbrauches vorliegt.
Welche unterschiedlichen Methoden gibt es den ökologischen Fußabdruck eines Autos zu betrachten?
Der ökologische Fußabdruck eines Autos wird von mehreren Faktoren beeinflusst. Wesentlich sind dabei zum Einen die Betrachtung des Energieträgers und zum Anderen die des Fortbewegungsmittels an sich, also des Autos.
Eine der wohl umfangreichsten Betrachtungen zur Bewertung des Wirkungsgrades und der Effizienz eines Energieträgers ist der Well-to-Wheel-Ansatz. Well to Wheel (WtW – von der Quelle bis zum Rad) ist eine Methode zur Bewertung der Umweltauswirkungen eines Produkts oder einer Dienstleistung während seiner gesamten Lebensdauer.
Es betrachtet den gesamten Energieverbrauch und alle Treibhausgasemissionen des kompletten Lebenszyklus eines Energieträgers, von der Gewinnung der Rohstoffe bis zu ihrer Nutzung. WtW umfasst dabei zwei Komponenten: Well-to-Tank (WtT) und Tank-to-Wheel (TtW), wobei WtT die Phasen der Kraftstoffherstellung und TtW den Kraftstoffverbrauch abdeckt.
Cradle-to-Grave (Von der Wiege bis zur Bahre) ist ein Konzept, das die Entwicklung eines Produkts, Geschäfts oder Prozesses während seines gesamten Lebenszyklus beschreibt. Dabei werden die Umweltauswirkungen aller Lebensphasen eines Produkts von der Rohstoffgewinnung bis zur Entsorgung bewertet. Diese Methode zur Bewertung des ökologischen Fußabdruckes einer Mobilitätsalternative zielt rein auf die Ebene des Produktes ab, also auf das Auto an sich ohne Betrachtung des genutzten Energieträgers im jeweiligen Fahrzeug.
Well-to-Wheel: ICE mit E-Fuels vs. BEV
Der Well-to-Wheel Ansatz bewertet die Effizienz eines Energieträgers in zwei Stufen. Zuerst wird dabei „Well-to-Tank“ die Gewinnung des Rohstoffes bzw. des Energieträgers betrachtet.
Bei der „Well-to-Tank“-Betrachtung leuchtet es ein, dass natürlich prozentual eine höhere Menge im Tank des Fahrzeuges landet, wenn die produzierte Elektrizität direkt in den Akku des Fahrzeuges geladen werden kann und nicht zuvor, in Umwandlungsprozessen aus elektrischem Strom, ein E-Fuel produziert werden muss. Was diese Betrachtung jedoch außer Acht lässt ist die Tatsache, dass der Strom, der direkt in ein BEV geladen wird, nicht über weite Strecken hinweg verlustfrei transportiert werden kann und man somit auf Strom aus dem jeweils lokalen Netz angewiesen ist.
Bei E-Fuels hingegen kann der Strom, der zur Produktion des Energieträgers dient, aus weit entfernten Regionen stammen, da E-Fuels verlustfrei lagerbar und auch über weitere Strecken transportierbar sind. Somit können auch deutlich energiereichere Gegenden die erneuerbare Energie für den Betrieb eines Autos mit E-Fuels in Deutschland liefern. Berücksichtigt man diese Effekte, so haben erneuerbare Energien, die in Deutschland beispielsweise durch Windkraft produziert werden eine Effizienz von ca. 18%. Eine identische Anlage für Windenergie in Chile hat aufgrund der höheren Volllaststunden bedingt durch mehr Wind ganze 74%. Die daraus resultierende größere Energiemenge kann über die lange Distanz natürlich nicht direkt in Elektrofahrzeuge geladen werden, sondern muss durch die Umwandlung in E-Fuels gespeichert werden.
Bis in den Tank sinkt die Effizienz der Nutzung von erneuerbarem Strom in Deutschland von 18% über die Einspeisung, das Stromnetz und die Ladeinfrastruktur weiter, sodass schlussendlich 15,2% der Energie in der Batterie des E-Autos landen.
Vergleicht man dies mit der erneuerbaren Energie aus Chile so dezimieren sich die 74% Effizienz über den Syntheseprozess, den Transport, den Raffinerieprozess und die Logistik zur Tankstelle auf schlussendlich 35,9% Effizienz der Nutzung erneuerbarer Energien im Tank des Verbrenners (ICE = Internal Combustion Engine) herunter.

Die Well-to-Tank Betrachtung lässt außer Acht, dass der Strom, der direkt in ein BEV geladen wird, nicht über weite Strecken hinweg verlustfrei transportiert werden kann und man somit auf Strom aus dem jeweils lokalen Netz angewiesen ist.
In einer „Well-to-Tank“-Betrachtung liegen E-Fuels in Sachen Effizienz also aufgrund der zu Beginn höheren Ausbeute an erneuerbarer Energie, durch beispielsweise die selbe Windkraftanlage nur in einer windstärkeren Region, sogar deutlich über erneuerbarem Strom, der in Deutschland produziert und dann in ein batterieelektrisches Fahrzeug in Deutschland geladen wurde.
In der darauf folgenden „Tank-to-Wheel“-Betrachtung spielen nun natürlich die E-Autos ihren Trumpf der hohen Effizienz des Elektromotors aus. Bis zu 82% der in der Batterie gespeicherten Energie werden auch in Fortbewegung umgesetzt. Ein vergleichbarer Verbrenner setzt dagegen nur rund 35% der getankten Energie in Fortbewegung um, da hier größere Verluste, beispielsweise in Form von Wärmeenergie, vorherrschen. Es ist diese „Tank-to-Wheel“-Betrachtung, auf die sich Befürworter batterieelektrischer Fahrzeuge beschränken um einen vermeintlichen Effizienzvorteil zu belegen.
Überführt man nun jedoch die beiden separaten Betrachtungen in die vollständige „Well-to-Wheel“-Betrachtung, so wird deutlich, dass in Abhängigkeit der anfänglichen Effizienz der erneuerbaren Energie im Zuge der Gewinnung an der Quelle (engl. well) E-Fuels und BEV annähernd gleich auf liegen. Ein deutlicher Vorteil zu Gunsten einer der beiden Technologien kann anhand der „Well-to-Wheel“-Betrachtung also nicht hergeleitet werden.
Eine andere Studie setzt als Alternative zur erneuerbaren Energie in Form von Windenergie aus Chile nun Sonnenenergie aus Afrika an. Hier liegt die Effizienz der erneuerbaren Energie zu Beginn des Umwandlungsprozesses in E-Fuels deutlich unter dem Niveau aus Chile und dennoch unterscheiden sich die Effizienzen nur um den Faktor 1,7 und nicht um das Fünf- bis Siebenfache, wie häufig von Befürwortern der BEV angeführt. Diese zweite Studie unterstellt einem BEV in Deutschland eine gesamtheitliche Effizienz von 77%, während ein Verbrennerfahrzeug betankt mit in Afrika durch Solarenergie hergestellte E-Fuels eine Gesamteffizienz von 46% aufweist.

Power aus Patagonien: Mit der Pilotanlage Haru Oni in Chile produziert Porsche klimaneutrale E-Fuels. © Porsche AG
Cradle-to-Grave: ICE mit E-Fuels vs. BEV
Während sich die „Well-to-Wheel“-Betrachtung auf die Herstellung des Energieträgers und die anschließende Nutzung jenes Energieträgers im Fahrzeug beschränkt fehlt für eine holistische Betrachtung noch die Bewertung der Umweltauswirkung im Zuge der Herstellung und späteren Verschrottung bzw. Verwertung des Fahrzeuges. Im sogenannten „Cradle-to-Grave“-Ansatz findet genau diese Bewertung Ihre Berücksichtigung.
Studien haben gezeigt, dass die Produktion eines Elektrofahrzeugs 15,3 Tonnen Kohlendioxid erzeugt, während die Produktion eines Kraftstoffautos im Schnitt 10 Tonnen Kohlendioxid freisetzt. In der Recyclingphase produzieren Elektrofahrzeuge ebenfalls mehr Emissionen, als ihre Pendants mit Verbrennungsmotor. Eine kürzlich durchgeführte Studie schätzt die Emissionen von Autos mit Verbrennungsmotor in dieser Phase auf etwa 1,8 Tonnen Kohlendioxid (t CO₂) pro Auto, verglichen mit 2,4 t CO₂ bei Elektrofahrzeugen. (Quelle: Quiao, et al 2019).
Legt man diese Zahlen zu Grunde, so „überholt“ ein BEV welches mit dem aktuellen deutschen Strommix geladen wird den herkömmlichen Verbrenner erst bei ab einer Nutzung von ungefähr 200.000 km. Auch bei dieser Betrachtung ist fällt das Urteil folglich nicht eindeutig in Richtung eines Antriebskonzeptes.
Ausblick in die (Wirkungsgrade der) Zukunft
Der technische Fortschritt wird in Zukunft natürlich genauso im Bereich der BEV als auch bei den ICE Fahrzeugen erhebliche Verbesserungen der Wirkungsgrade beider Technologien bringen. Bestimmte physikalische Gesetze oder auch geologische Gegebenheiten was die Vorkommen von erneuerbarer Energien betrifft werden durch den technischen Fortschritt nicht geändert werden. Aus diesem Grund ist es von entscheidender Tragweite den Vergleich der unterschiedlichen Alternativen zur Sicherstellung der Individualmobilität differenziert zu betrachten. Schlussendlich führt kein Weg an der Nutzung nachhaltiger Kraftstoffe vorbei.